Historie

Im Frühsommer 2008 fiel die Entscheidung, das Open-Source-Projekt invis Server ins Leben zu rufen. Der offizielle Startschuß war die damalige OpenSRCExpo in Karlsruhe. Quasi auf traditionsreichem Boden, fand dort doch jahrelang erfolgreich der LinuxTag statt.

Anfänge

invis Server selbst haben allerdings eine bedeutend längere Geschichte.

Sie gehen zurück auf die Anfangszeit von FSP Computer & (damals noch) Software. Ursprünglich als reiner Einzelhandel für Hard- & Software gegründet und von mir (Stefan Schäfer) ausschließlich dazu gedacht, während der Diplomarbeit ein wenig zum kümmerlichen „HiWi“ Lohn hinzuzuverdienen.

Es dauerte nicht lange, bis die ersten Anfragen für dauerhaften IT-Support im Umfeld kleiner Unternehmen kamen.

Ich stellte schnell fest, dass in diesem Umfeld zwei Dinge nicht existierten, ein fest eingeplantes IT-Budget und IT-KnowHow vor Ort. Nach den ersten Gehversuchen mit Linux, wurde mir schnell klar, dass ich damit Probleme lösen kann, ohne das kaum vorhandene IT-Budget zu sprengen.

Es entwickelten sich Einzellösungen, je nach Bedarf. Besonders nett war ein heimlich installierter Samba Server, der ausschließlich dazu da war, Ordnung in ein von Windows 95 und NT 4.0 dominiertes „Peer to Peer“ Netz zu bringen. Der Kunde wollte kein Linux, da das ja nur so ein „Bastelbetriebssystem“ war, beklagte sich aber pausenlos darüber, dass im eigenen Netz nichts rund lief. Geld für einen Windows-Server war nicht vorhanden. Ich habe kurzerhand einen ohnehin nie benutzten PC in einen Samba-Server verwandelt, der nichts anderes zu tun hatte, als „Master Browser“ zu sein. Ich habe erst nach Monaten verraten, wie ich das Netz zum funktionieren brachte.

Aus mehr und mehr Einzelinstallationen mit häufig ähnlichen Problemstellungen erwuchs die Idee eines eigenen Server-Produktes für die immer wieder gefragten Aufgaben.

SIAC

Selbstverständlich sollte das Produkt auch einen Namen haben. Mit dem ersten Versuch „SIAC“ (Server In A Corner), angelehnt an einen Artikel in einer der ersten Ausgaben der freeX (Ausgabe 3/99), bin ich auf die Nase gefallen.

Nachdem ich den Namen und die Idee dahinter auf meiner damaligen Internetseite vorstellte, kam mit einem Anruf der Schock. Ein Mitarbeiter eines Subunternehmens der Firma Sinitec tat so, als suche er engagierte Mitarbeiter für ein Linux-Server-Projekt. Er sprach nach kurzer Zeit meine SIAC Idee an und ließ die Katze aus dem Sack. Er fragte, ob ich wisse, dass Sinitec ein eigenes Server Projekt unter dem Namen SIAC gestartet habe und der Name SIAC bereits als Marke geschützt sei. Da ich an solche Zufälle nicht glaube, habe ich mir die Projektseite von Sinitec angesehen und staunte nicht schlecht, als ich eine Seite vor mir sah, die in Farbe und Gestaltung meiner eigenen sehr glich und der dort gepriesene Server nahezu die gleichen Funktionen aufwies wie meine eigenes Konzept. Ein Schelm wer Arges dabei denkt.

Da ich mich nicht mit einem solchen Gegner anlegen konnte, habe ich alles rund um SIAC von meiner Seite entfernt. Keine zwei Tage später kam eine fingierte Kaufanfrage…..

Ich taufte meine damaligen Basteleien kurzerhand in „invis“ für unsichtbar um und beließ es lange bei der Unsichtbarkeit. Inzwischen scheint Fa. Sinitec Geschichte zu sein und auch der Markenschutz für SIAC als Wort- und Bildmarke ist seit Mai 2010 ausgelaufen.

Wandlung

Es vergingen fast 6 Jahre, in denen ich meine Server Installationen für mich selbst unter dem Namen invis führte. Ich habe alle Server nach selbst geschriebener und später auch als Buch (Der Linux Server) veröffentlichter Anleitung mühsam von Hand installiert. Dann endlich habe ich mich dazu durchgerungen, die Arbeit an einem Shellscript für ein automatisiertes Setup aufzunehmen. Auch wenn die Arbeit am Script einiges an Zeit in Anspruch genommen hat und natürlich noch in Anspruch nimmt, war schnell klar, dass dies die richtige Entscheidung war. Die von mir produktiv eingesetzten Server wurden einander immer ähnlicher und dadurch wartbarer und statt 4 Tagen Bastelei, waren sie in höchstens einem Tag fertig installiert. Mit dem heutigen Stand des Scripts steht der Server bereits nach wenigen Stunden.

Wieder habe ich zunächst nur für mich selbst gewerkelt. Es dauerte knappe 2 Jahre bis Ines in meine Firma einstieg und sich als völliger Neuling in Sachen IT im Allgemeinen und Open-Source im Speziellen mit der Sache beschäftigt hat. Sie war es, die den entscheidenden Impuls gab mit „invis Servern“ sowie dem damals schon recht umfangreichen Script an die Öffentlichkeit zu gehen und es als Open-Source-Projekt zu führen. (Danke Ines, dass war die richtige Entscheidung).

Mein Dank gilt auch der inzwischen nicht mehr selbständigen Censydiam GmbH in Frankfurt (Main). Dort bekam ich die Chance, den ersten Prototypen eines „invis 2“ ein Jahr lang als Pilotversuch im Produktiveinsatz zu testen. Ohne diesen Test wären invis Server sicherlich nicht das, was sie heute sind. Wenn auch mit mehreren Überarbeitungen hat es der Server geschätzt auf mindestens 8 Betriebsjahre gebracht und sogar die Eingliederung in die neue Firma und ein reines Windows-Netz überlebt.

Spin off

Dank der Nähe zu openSUSE wurde unser Projekt “invis Server” 2010 zum openSUSE Spin off und erhielt damit eigene Repositories im openSUSE Build Service kurz OBS. Damit entwickelte sich der OBS zur zentralen Stütze in der invis-Server Entwicklung und ebnete den Weg das gesamte Setup-Paket in Form eines RPM Software-Paketes anzubieten. Da inzwischen ein paar Entwickler hinzu gekommen sind, wählen wir nach einem kurzen Zwischenspiel auf Sourceforge, Github als zweite Säule der Entwicklung. Mit Github und dem OBS wurde die Arbeit am invis Server professionalisiert und die Qualität des invis-Server Setups deutlich stabilisiert. 2014 haben wir ein jährliches Entwicklertreffen beschlossen.

Active Directory

Active Directory ist eigentlich ein Markenbegriff aus dem Hause Microsoft. Er bezeichnet ein LDAP-gestütztes System welches die Verwaltung einer „Domäne“ innerhalb eines Firmennetzes ein gutes Stück revolutioniert hat. Auch wenn invis-Server schon lange auf LDAP setzen, war dies technologisch ein gutes Stück hinter den Möglichkeiten von Microsofts Active Directory zurück. Dank der Leistung des Samba-Teams steht Active Directory seit 2012 auch für Linux Systeme zur Verfügung und hat inzwischen einen hohen Grad an Stabilität erreicht. Dies ermöglichte uns den invis-Server nach etwa einem Jahr Arbeit auf den Chemnitzer Linux Tagen 2015 mit einem Active Directory Kern vorzustellen. Wie es der Zufall wollte, steht die erste produktiv genutzte invis-Server Installation auf Active Directory Basis im Frankfurter Westend, keine 100 Meter vom ehemaligen Standort des ersten Prototys entfernt.

Stefan Schäfer